Manchmal ist es mir wirklich zuwider, dass ich ein Teil der Werbe-Maschinerie geworden bin. Manchmal stehe ich morgens schon mit einem schlechten Gewissen auf, weil ich weiß, dass ich an diesem Tag wieder einmal mit dafür Sorge tragen werde, dass die Leute irgendeinen Scheiß kaufen, den sie eigentlich gar nicht wollen, geschweige denn brauchen. Ich als Kreativer bei einer Werbeagentur mache sie erst auf ein bestimmtes Produkt aufmerksam. Ich mache es ihnen so schmackhaft, dass sie am Ende der Meinung sind, dass ihr Glück nur davon abhängt, ob sie dieses Produkt auch möglichst bald in ihren Händen halten. Ohne mich würden diese Leute gar nicht wissen, dass es dieses Produkt überhaupt gibt – und folglich würden sie es auch nicht vermissen.

Ich bin mir manchmal wirklich nicht sicher, ob meine Moral nicht schon längst viel zu verdorben ist. An den meisten Tagen erledige ich einfach meine Arbeit, mache das, was ich gut kann – mit den Wünschen und Sehnsüchten der Menschen spielen, in ihrer Psychologie herumfuhrwerken und sie manipulieren – nur weil ihnen ein Kunde der Agentur noch ein Smartphone oder einen ungesunden Schokoriegel verkaufen will. Ich werde dafür bezahlt, diesen Mist schön zu verpacken und ihm ein Image zu geben, welches dieser Mist gar nicht verdient. Aber wenn ich mal darüber nachdenke – und das kommt immer häufiger vor – ist es doch absurd, dass eine Frau meint, attraktiver für ihren Mann zu werden, nur weil sie ein neues Waschmittel benutzt. Es ist auch völliger Unsinn, dass ein neues Telefon einen Langweiler zum Hipster werden lässt. Und trotzdem meinen die Leute das, wenn ich mit ihnen fertig bin.

Das ist doch eigentlich nicht richtig, moralisch betrachtet, meine ich. Es kann nicht richtig sein, andere Menschen zum Kaufen und Schulden machen zu verführen, nur weil man es kann. Und so stehe ich da hin und wieder morgens vor dem Badezimmerspiegel, putze mir die Zähne mit einer elektrischen Zahnbürste der allerneuesten Generation und muss fast schon über mich selbst lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Dann fällt mir nämlich auf, dass ich genauso ein Opfer des Produktekarussells geworden bin – mit meiner neuen Zahnbürste im Gesicht. Die alte war nämlich noch vollkommen in Ordnung und der einzige Grund, warum ich diese neue habe, ist…ich habe mich verführen lassen.