Als Gott laut Genesis (dem biblischen Buch, nicht der Popband) sprach „Am Anfang war das Wort!“ ist leider nicht übermittelt, für welche Schriftart er sich denn entschieden hätte.
Aber seitdem herrscht ein großer Krieg zwischen den unterschiedlichen Schriftarten, denn nicht nur Farben und Formen können Emotionen hervorrufen. Auch die Wahl des passenden Fonts ist im Designbereich gewissermaßen A und O.

Wenigstens die Schriftart steht noch für etwas

(Nur um kurz zu trennen: Schriftarten in ihrer digitalen Form werden Fonts genannt und da in der Regel am Computer gearbeitet wird, benutzt der folgende Text beide Begriffe synonym.)
Die Geister scheiden sich bereits am Einsatz von Serifen (den kleinen Anhängseln an den Kanten der Buchstaben). Diese sind klassische Merkmale gothischer Schriftarten und kommen besonders bei klassischen Schriftbildern zum Einsatz. Auch Zeitungen lieben solche Fonts wie Times New Roman (und Verwandte), die VOGUE ist bekannt für sexy Serifen.
Dem gegenüber steht die Schweizer Schule, einfache Schriftarten ohne Schnörkel. Das ist gewissermaßen Bauhaus zum lesen. Aus dieser Tradition kommen etwa Arial und Helvetica.
Das sind Klassik und Journalismus im Clash mit Moderne und Digitalisierung – es geht also um mehr als nur Lesbarkeit. Leser haben Erwartungen und Erfahrungen mit Schriftarten und die wollen bedient werden. Schriftarten sind essentieller Bestandteil jedes Designs, auch wenn sie bewusst kaum Beachtung finden.
Und dann gibt es da natürlich noch Comic Sans, die Schriftart für Kinder unter 4 Jahren.

Branding hat viele Gesichter, eines davon ist ein Typeface

Nicht nur in Firmenlogos ist die Wahl der Schriftart dabei ein Teil des Brandings. Der Schriftzug von Coca Cola ist genau so unverwechselbar wie die rote Farbe oder die zuckrige Brause selbst. Aber auch eine Ebene tiefer funktioniert das noch bestens, Beispiele gefällig?
Die Schriftart Helvetica Neue (extrafein) ist schlank, elegant und schnörkellos. Wer sie sieht, fühlt sich automatisch an iPhones und iPads erinnert. Denn iOS untertitelt alle Apps in just dieser Schriftart.
Auch Bank Gothic ist für sich genommen eine eher unspektakuläre Schriftart, in Verbindung mit Filmpostern ist dieser Font aber ebenso aussagekräftig wie der Kontrast zwischen Orange und Blaugrün.
Wer immer noch nicht überzeugt davon ist, dass auch Schriftarten viral gehen können, muss sich nur einmal den Hype um ITC Benguiat ansehen. Die Schriftart galt eigentlich seit den späten 80ern und dem Ende von Stephen Kings abgegriffenen Paperbacks als ausgestorben, wurde aber von Netflix‘ „Stranger Things“ zusammen mit Synthiepop reanimiert.