Mal als Gastbeitrag: Der größte Witz an meiner Texterkarriere bei der Werbeagentur *hüstel* ist nicht, dass ich sie eigentlich gar nicht machen will. Ich will eigentlich Romane schreiben. Aber wollen wir Texter das nicht alle? Der Witz ist auch nicht, dass ich die ganze Branche relativ zum Kotzen finde, bis auf ein paar Ausnahmen vielleicht. Ich mag nicht, was die Werbung macht und ich mag auch die meisten Menschen nicht, die sie machen. Für mich ist das ein verhasster Broterwerbsjob, so wie Schaffner oder Maler auch. Der Witz ist auch nicht, dass ich völlig unterfordert bin von dem Niveau, welches so in der Werbung herrscht. Nein, der größte und mit großem Abstand witzigste Witz ist der, dass ich jetzt tatsächlich zu Golfen gelernt habe, nur damit es auf der Karriereleiter aufwärts geht.
Ich kann seitdem manchmal morgens noch nicht einmal mehr in der Spiegel schauen. Das hat zur Folge, dass ich mittlerweile einen schicken Dreitagebart trage, sehr zum gefallen der Sekretärin des Bosses. Die sehe ich überhaupt immer öfter, denn irgendwie hat der Boss seit neuestem einen Narren an mir gefressen. Ich weiß auch nicht, warum auf einmal, ich arbeite schließlich nicht erst seit gestern hier. Das fing an, als wir zufällig zusammen die Agentur verließen und auf den firmeneigenen Parkplatz schlenderten. Bis dahin hatten wir nur zwanglose Kommunikation betrieben, stilechten Small-Talk, wie sich das für Chef und Untergebenen auch gehört. Als guter Untergebener will man ja gar nicht in den Aufmerksamkeitsfokus des Chefs geraten. Für mich war es aber jetzt soweit. Und warum? Wegen meiner neuen Karre, verdammt.
Ich lebe allein und habe kein Kind und keinen Kegel. Der Job als Texter in einer großen Werbeagentur wirft allerdings erstaunlich viel monetären Ballast ab und ich habe schon immer ein Faible für alles gehabt, was einen Motor hat. Nun hatte ich mir gerade ein neues Motorrad gegönnt, irgendwo muss man ja hin mit seinem Geld, man lebt nur einmal. Ich habe mir eine alte Vincent Black Shadow gekauft, ein wirklich seltenes Stück und ich habe ein Jahr danach gesucht. Tolles Gerät. Hätte ich aber trotzdem nicht gekauft, wenn ich gewusst hätte, wo das hinführt. Der Chef ist nämlich auch ein großer Motorradfreund, wie er mir luftschnappend erzählte, als er mich auf meinen neuen Bock steigen sah. Er ließ mich nicht mehr von der Leine, er wollte SOFORT mit seinem neuen besten Freund einen trinken gehen und über Öfen quatschen. Da sagen Sie mal nein, wenn der Chef das will. Das ist jetzt 3 Wochen her und es vergeht seitdem kein Tag, an dem der Boss mir nicht irgendwo in den Gängen des Büros auflauert und wie ein 15-jähriger über getunte Moped schwadroniert. Und Golf spielen wollte er am Wochenende auch mit mir. Da sagen Sie mal Nein zu. Genau. Deshalb golfe ich jetzt…