Ob es an der Arbeit in einer Agentur liegt, dass alle, die dort mehr oder weniger lange ihre mehr oder weniger üppigen Brötchen verdienen, über kurz oder lang zu Angebern werden?

Klar, wenn jemand den ganzen Tag an Kampagnen zu Windeln oder einem Zahnersatz, der gut riecht, arbeitet, wird er irgendwann denken, dass er der Maestro ist. Die Windeln sind natürlich Mist, das weiß er, aber dank seiner Wortkunst, seinen Bildern und seinem originellen Geist wird eben aus diesen Gülle-Hüllen etwas, das alle kaufen wollen. Welche unglaubliche Machtfülle tut sich da auf!

Wer hier schlimmer ist, ist schwer zu sagen. Die etwas älteren Herren, die Werbung noch als Reklame kannten, tun sich schwer damit, zuzugeben, dass sie manches Geklingle doch arg befremdlich finden. Mit der Zeit gehen, das ist das Gebot der späten Stunde. Also werden die Cargo Pants gezückt und auch beim Besuch des Kunden nicht ausgezogen. Wir Werber sind eben so unkonventionell. Die Jungen hingegen machen es ganz anders. Die tun trotz Hühnerbrust und Milchgesicht und im „Hotel-Mama-Wohnens“ so, als seien sie die ganz alten Hasen. Wie sie das machen? Indem sie sich schnell einen beeindruckenden Wortschatz schaffen und nur noch von Targets, Benefits und anderen Begriffen faseln, die sie während der Schulzeit schon nicht verstanden haben.

Die schöne neue Werbewelt, was wäre sie ohne die Hauptakteure, die alle davon träumen, eines Tages die Kampagne schlechthin zu schaffen, eine, über die noch ihre Enkel reden werden. So lange diese Kampagne noch fern ist, muss man eben jeden Tag damit füllen, sich wichtig zu tun. Smartphone, tolles Tablet dazu, die lässigen Klamotten, man zeigt, dass man selbst ein Produkt ist, eine “Brand”, die ganz sicher aus der Masse heraus ragt, sozusagen das Tesa unter den Klebstoffen.