So eine mittelgroße Agentur, wie die, für die ich das Vergnügen habe, zu arbeiten, ist eigentlich wie eine Schulklasse. Wie auf dem Schulhof auch, sind hier alle Charaktere vetreten. Da gibt es die coolen Kids, die zwar hip und beliebt sind, denen aber das Anführer-Gen fehlt. Dafür haben sie den Durchblick…meinen sie zumindest. Diese coolen Kids sind in der mehr oder weniger erwachsenen Agenturwelt meistens bei den Kreativen zu finden und neigen dazu, ein wenig auf alle anderen hinabzulächeln. Wie schon zu Schulzeiten wirft man ihnen gerne Arroganz vor.
Aber das sind sie ja aus der Schule schon gewohnt. Sie konnten damals gut damit leben und können es mittlerweile als Erwachsene noch besser. Ein cooler Kreativer würde sich und sein Tun niemals in Frage stellen und wenn ihm jemand doch für seine arrogante Art doof kommt, macht er einen schlagfertigen Witz und der Kritiker trollt sich.
Dann gibt es natürlich die Alpha-Tiere. Das waren die, die schon auf dem Schulhof das Sagen hatten und alle niedergemäht haben, die auch nur im Entferntesten an ihrem Thron sägen wollten. Dieser Menschenschlag versteht überhaupt keinen Spaß, wenn es um ihr Naturrecht geht, andere Menschen zu führen – auch wenn sie keinen blassen Schimmer davon haben, wohin überhaupt. Und ihrer Natur gemäß haben diese Anführer-Kids sich selbstverständlich im Management der Agentur breit gemacht, mit einer Selbstverständlichkeit, die an Faschismus grenzt.
Aber es gibt nur einen Ort auf der Welt, an dem sich dieser Menschenschlag wohl fühlt – und das ist so weit wie möglich oben. Seltsamerweise stehen die meisten Frauen gerade auf diese Kids, wie schon zu Schulzeiten. Dabei heißt es doch, Frauen erwarten von einem Mann vor allem, dass er sie zum lachen bringt. Und Humor ist etwas, das den Alpha-Tieren total abgeht. Es muss also doch am Konto liegen.
Und dann gibt es noch den ganzen Rest. Es gibt die, die nicht weiter auffallen wollen und es für ihre heilige Pflicht halten, ihre Arbeit zu tun. Die waren auch schon zu Schulzeiten Schiessbudenfiguren und irgendwie die breite Masse. Die finden sich dann in der Agenturwelt in der Buchhaltung oder in der Rechtsabteilung wieder. Mit ihnen wollte in der Schule schon niemand tauschen – und will es jetzt noch viel weniger.
Sie sind einfach da und versuchen zu überleben, ohne auf die Fresse zu bekommen. Aber eine große Gruppe von Menschen haben wir hier bisher überhaupt nicht erwähnt…Genau – die Frauen. Aber, hey…es war schon zu Schulzeiten so, dass wir in einer Männerwelt leben und die Jungs nichts weiter wollten, als die Mädchen abzuschleppen…und in der Agenturwelt ist das nicht anders, sondern nur noch schlimmer geworden. Es ändert sich nämlich nichts, nur weil man jetzt abends lange aufbleiben darf und einen Sportwagen fährt.